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Assistentin Gesundheit EBA_FINAL_dev

Ko-Re-Modell & Situationsdidaktik

Methoden 2

Ko-Re-Modell

Die berufliche Handlungskompetenz im Zentrum

Das Ziel jeder Berufsausbildung ist es, die Lernenden zu befähigen, berufliche Situationen erfolgreich zu bewältigen. Deshalb genügt es nicht, einfach Wissen zu übermitteln. Die Lernenden müssen in der Lage sein, dieses Wissen in der richtigen Haltung zur Bewältigung von konkreten Situationen im Berufsalltag einzusetzen.

Daher steht im Zentrum der beruflichen Grundbildung die berufliche Handlungskompetenz. Unter Kompetenz wird die situationsgerechte und sachlich wie fachlich korrekt kombinierte Anwendung von Ressourcen verstanden. Die kompetenzorientierte Ausbildung ist eine praxisnahe, auf die im Berufsalltag zu bewältigenden Situationen ausgerichtete Ausbildung. Zudem ermöglicht sie den Personen, sich am Ende der Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt zu bewerben und mit ihrer Leistung im Arbeitsmarkt zu bestehen.

Theoretische Grundlagen

Deklaratives Wissen: Konzepte, Begriffe oder Theorien. Es umfasst das, was wir alltagssprachlich als (theoretisches) Wissen bezeichnen.

Anwendung: bewusst und absichtsvoll, regelhaft. Prozess wird auch als rationale Planung bezeichnet.

Prozedurales Wissen (a) und sensomotorisches Wissen (b): Das prozedurale Wissen steuert unser Handeln in gut geübten Routineaufgaben. Auch sensomotorisches Wissen steuert gut beherrschte Abläufe, allerdings nicht mittels Regeln, sondern über Rückkopplungsmechanismen. Dieser Teil des Wissens ist nicht im Kopf des Handelnden verankert.

Beide Wissensarten werden alltagssprachlich nicht als Wissen, sondern als «Können» bezeichnet.

Anwendung:
a) regelhaft, wenig bewusst (z.B. essen)
b) rückgekoppelt, steuert gut beherrschte Abläufe (z.B. Autofahren, Skilaufen)

Situatives Wissen: Situatives Wissen besteht aus Erinnerungen an konkrete Situationen in all ihren Facetten wie etwa der damit verbundenen Emotionen. Diese Wissensart wird alltagssprachlich nicht als Wissen, sondern als «Erfahrungen» bezeichnet.

Anwendung: wird spontan aktiviert durch assoziative Erinnerung an ähnliche Situationen

Haltungen (savoir être): Die Haltung bezeichnet Verhaltensformen, die motivations- und willensbasiert sind und durch bestimmte, persönlich geprägte Einstellungen, Werte und Normen hervorgerufen werden.

Ko-Re – eine Methode zum Entwickeln von Bildungsplänen

Um in einer beruflichen Handlungssituation bestehen zu können, müssen Lernende über Kompetenzen verfügen und auf Ressourcen (externe und persönliche) zurückgreifen können. Dieses Modell liegt der Gestaltung des Bildungsplans zugrunde.

Kernstück der 2. BiVo sind die 41 typischen Situationen, die 14 Kompetenzbereichen zugeteilt sind (s. Bildungsverordnung Abschnitt 2).

  • Ko-Re-Bildungspläne beschreiben die notwendigen Ressourcen in Form von Kenntnissen, Fähigkeiten und Haltungen
  • Ko-Re ist keine Unterrichtsmethode

Situationsdidaktik

Die Situationsdidaktik (SID) ist ein vom Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (EHB) entwickelter pädagogisch-didaktischer Ansatz, welcher in der 3. BiVo FaGe das pädagogische Konzept der Ko-Re-Methode ergänzt. Die SID hat zum Ziel, Situationen aus dem Berufsalltag ins Klassenzimmer und den ÜK zu transportieren. Das Modell eignet sich ebenfalls für die praktische Ausbildung im Betrieb.

Die Perspektiven des Lebens und des Unterrichts werden in Beziehung gesetzt und zusammengeführt. Die nunmehr didaktischen Situationen können gemeinsam reflektiert werden, was wiederum einen Kenntnis- und Fähigkeitserwerb zur Folge hat.

Aus didaktischer Sicht interessieren diejenigen Situationen, die besonders bedeutsam sind und beispielhaft wichtige Momente der Berufstätigkeit oder des Alltags verkörpern.

So lernen die auszubildenden Lernenden, mit diesen Situationen und den damit verbundenen Anforderungen adäquat umzugehen. Neben der expliziten Integration der beruflichen Praxis führt die Anwendung der Situationsdidaktik zu einer Akzentuierung der kritisch-reflexiven Dimension der Ausbildung.

Leitsätze der SID

Handlung & Wissen:
Soweit möglich Wissenserwerb mit Handeln, Theorie mit Praxis verbinden. Hierzu werden Situationen herbeigezogen, wo Erwerb und Anwendung von Wissen kombiniert werden. Unterschieden wird zudem zwischen Kenntnissen und Fähigkeiten, zwischen explizitem und implizitem Wissen.

Leben & Schule:
Die Institution Schule hat das Lernen vom Leben getrennt – die SiD möchte sie wieder zueinander führen, die schulische Institution überschreiten. In der Berufsbildung sind die beruflichen Situationen «in Reichweite» – die Didaktik soll diese Situationen aufnehmen und sie zu Lerngelegenheiten machen.

Erfahrung, Reflexion, Lernen:
Ein Lerneffekt entsteht durch Überlegung, Reflexion und Bezug auf den eigenen Erfahrungsschatz. Hierzu ist die systematische Verarbeitung dessen nötig, was erlebt wurde, das Stellen von Fragen an Dritte, die über grössere Erfahrung verfügen.

Ressourcen & Kompetenzen:
Zur Meisterung von Lebenssituationen sind nicht nur Ressourcen, d.h. Kenntnisse und Fähigkeiten, gefragt, sondern auch adäquate Kompetenzen – die sich erst in erlebten Situationen bilden können. Die Schule wird angesehen als Erwerbsort von Ressourcen, das Berufsleben für Kompetenzbildung und -umsetzen.

Bildungsverordnungen & Bildungspläne:
Basieren diese auf dem KoRe-Modell (Kompetenzen und Ressourcen), sind sie auch sehr gut vereinbar mit der SiD. Denn es wird mit identifizierten bedeutsamen Handlungssituationen eines Berufes gearbeitet – berufliche Situationen bilden also bereits Grundlage und Bezugspunkt für alle drei Lernorte.

Lehren, Lernen, Inhalte, Methoden:
Im Aufeinandertreffen von Lehrenden und Lernenden können Situationen die Vermittlerrolle übernehmen. Besonders in der Berufsbildung wird dieses Aufeinandertreffen begünstigt durch das Transponieren realer Lebens- in didaktische Situationen.

(Quelle: EHB Webseite 2019: https://www.ehb.swiss/neues-ausbildungskonzept)

   

Ko-Re und SID

Kernstück der 3. BiVo sind die 37 typischen Situationen, welche 8 Kompetenzbereichen zugeteilt sind (s. Bildungsverordnung Artikel 4).

ko-re-modell-handbuch-fage

Quelle: Ausbildungshandbuch FaGe / Register C / Abb. 1

Nach der systematischen Zuordnung der Handlungskompetenz zum Handlungskompetenzbereich im Bildungsplan folgt eine «beispielhafte Situation». Diese beschreibt eine mögliche berufliche Handlungssituation von einer Lernenden. Danach werden die zu berücksichtigenden Regeln und Normen sowie die externen Ressourcen aufgelistet. Anschliessend wird dargestellt, über welche internen Ressourcen (Kenntnisse, Fähigkeiten und Haltungen) die Person verfügen muss, damit die berufliche Handlungssituation erfolgreich bewältigt werden kann.

Zum besseren Verständnis: Ein Exempel einer beispielhaften Situation aus dem Ausbildungshandbuch finden Sie rechts in der Download-Box.

Zu beachten: Im Ausbildungshandbuch FaGe 3. BiVo wird neu der Begriff Situationsdidaktik verwendet (Register B). Gleichzeitig wird nach wie vor vom KoRe-Modell gesprochen.

  

SID in der Praxis

Die verschiedenen Umsetzungsphasen der Situationsdidaktik für Schulsituationen können auch in der Praxis angewandt werden. Untenstehend eine Übersichtstabelle, ausgearbeitet vom Eidgenössischen Hochschulinstitut EHB – ergänzt durch eine Zeile mit den entsprechenden Phasen im Praxisbetrieb. Zum Download finden Sie das File auch rechts in der Box.

Übersicht SID mit Praxisbeispiel_1Übersicht SID mit Praxisbeispiel_2
Literatur

Ghisla, G., Bausch, L., & Boldrini, E. (2008). KoRe – Kompetenzen-Ressourcen: Ein Modell der Curriculumentwicklung für die Berufsbildung. Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, 3/2008, 431-466.

Ghisla, G., Bausch, L., & Boldrini, E. (2013). Didactique par situations dans l’enseignement des langues (secondes). Plaidoyer pour une conception intégrée des connaissances, des capacités et de la réflexion. In: Babylonia, 2/2013, 46–58.

Boldrini, E., Ghisla, G., & Bausch, L. (2014). Didattica per situazioni. In G. Quaglino (Ed.), Formazione: metodi. Milano: Cortina, 337-360.

Ghisla, G. et al. (2014). L’attività del docente di formazione professionale: profilo di competenza Lugano: IUFFP (Documento di lavoro interno).

    
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